Das Bier von hier – Brauereigeschichte
Prenzlauer Berg war einmal so etwas wie der „Bauch von Berlin“. Bestimmend für den Großberliner Stadtorganismus erwiesen sich das große Gaswerk, der Zentralviehhof und die über Jahrhunderte bestehende Mühlenkonzentration vor der Stadt, die den Kranz der Weinberge nördlich der alten Berliner City begrenzte. Geradezu übermächtige Bedeutung erlangten aber die großen Brauereikomplexe am Rande des Barnim, die Berlin in die Gilde der großen Brauereimetropolen der Welt einreihten.
Vor dem Prenzlauer und Schönhauser Tor entstanden in kurzen Abständen mehrere Brauereien: die Pfefferberg-Brauerei (1841), die Brauerei Königstadt (1851), die Schultheiss-Brauerei (1853) und die Bötzow-Brauerei (1861). Im Gebiet um die Schönhauser Allee lassen sich schließlich mindestens 13 Brauereien nachweisen, die alle in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts produzierten. Mit dem Stammbetrieb des Schultheiss-Konzerns hatte die größte Lagerbierbrauerei der Welt ihren Sitz im Stadtbezirk. Im Bezirk wurde in den großen Biergärten an den Brauereien und in zusätzlichen Restaurants wie im Prater an der Kastanienallee auch gleich ein respektabler Teil des Bieres umgesetzt.
Das Ende dieser Blüte begann mit dem großen Brauereien-Sterben nach dem Ersten Weltkrieg. Nur wenige Betriebe produzierten noch nach dem Jahr 1945. Im Jahre 1967 stellte die Schultheiss-Brauerei ihre Tätigkeit in der Schönhauser Allee ein. An der Berliner Allee wurde in der ehemaligen Brauerei Willner, die dann wie Schultheiss zum VEB Getränkekombinat Berlin gehörte, noch bis 1990 Berliner Weiße hergestellt.
Noch vor wenig mehr als 20 Jahren erblickte man an den großen Magistralen, die vom Herzen Berlins aus den Norden erschlossen, großflächige Industrieruinen. Die alten Backsteingebäude ließen noch den welken Glanz erkennen. Die großen Komplexe hatten, wie es schien für alle Zeiten, ihre Zukunft hinter sich.
Doch es hat sich vieles gewandelt. Die Brauereigebäude sind hoch entwickelte Immobilien mit spannenden neuen Nutzungskonzepten. Die Vitalisierung alter Produktionsgemäuer für kulturelle Angebote mit Einschluss von Gewerbe, Gastronomie, Bildungs- und Sozialunternehmen ist an allen Standorten des historischen Brauereiquartiers höchst bemerkenswert.
Text: Dr. Martin Albrecht, Aktualisierung: Stefanie Gronau