Hexenverfolgung in Bernau bei Berlin
Wir haben hier noch eine alte Stadtansicht von Bernau aus dem 17. Jahrhundert in unserem Dokumentenbündel. Auf dem Bild ist unter anderem das Steintor Bernaus abgebildet, an dem wir vorhin bereits waren. Auch zu sehen ist aber das Berliner Tor und das gehen wir jetzt suchen.
- Sucht das Berliner Tor.
Ihr habt es gefunden! Ihr fragt euch noch immer, wo das Tor ist? Dann muss ich euch enttäuschen, denn das Berliner Tor gibt es leider nicht mehr. Dafür stehen wir jetzt an der Stelle, an der es damals gestanden haben dürfte. Und hier wurde damals auch eine neue Epoche der Bernauer Geschichte eingeleitet: Der Sage nach, ritt hier zu Beginn der Neuzeit, Anfang des 17. Jahrhunderts, ein Kurfürst ein, dessen Pferde bei Durchquerung des Tores umfielen.
- Was denkt ihr? Quatsch oder kein Quatsch?
Tatsächlich: kein Quatsch. Die Pferde wurden mutmaßlich vorher entweder zu Tode gehetzt oder sind vorher so warmgelaufen worden, dass die Kälte des Tunnels ihren Kreislauf zum Erliegen brachte. Damals hatte man diese Erklärung aber noch nicht und so wurden Hexen und ihre teuflischen Kräfte für das Ereignis verantwortlich gemacht. In der damaligen Gesellschaft herrschte ein starker Volksaberglaube, der außerdem im 17. Jahrhundert systematisiert und weiterentwickelt wurde. Krankheiten, schlechte Ernten und negative Ereignisse beherrschten die Region und da eine andere Erklärung fehlte, wurden solche Schicksalsschläge auf den Einfluss der Hexen zurückgeführt. Auch die fortschreitende Selbstständigkeit der Frauen wurde als Teufelswerk wahrgenommen, sodass man zu der These kam, dass Frauen durch den sexuellen Akt mit dem Teufel zu ihren Kräften gelangten.
Erinnert ihr euch noch an Luther? Das war der mit den 95 Thesen, mit denen er quasi die Reformation einleitete. Auch er war, wenn auch Kirchenkritiker, ein Verfechter der Hexenverfolgung und trat stark für die Anti-Hexen-Bewegung ein. In seinen Hexenpredigten forderte er deren Verfolgung und Hinrichtung. Er berief sich dabei auf die Vorgabe des Alten Testaments: “Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen”. (2. Mose 22, 17)
- Gehe an der Stadtmauer entlang bis zum Henkerhaus und finde das Denkmal zur Hexenverfolgung in Bernau. Mache dort ein Foto davon, als Beweis, dass du dort warst.
Übrigens wurden neben den Namen der verbrannten Hexen auch deren Geschichten zusammengetragen. Eine davon handelt von einem jungen Bäckerpaar und deren Geschichte möchten wir euch gerne erzählen.
„Es war einmal vor langer, langer Zeit, da lebte ein junges Ehepaar in einem kleinen Dorf. Gürgen war gelernter Bäcker und seine Frau, Emerentia, half ihm gelegentlich bei der Arbeit. Da Arbeit in ihrem kleinen Dorf jedoch rar war, beschlossen die beiden, nach Bernau zu ziehen und dort ihr Glück zu finden. Sie bauten sich eine kleine Bäckerei auf und wurden schnell mit ihrem Brot, das nach Zitronen und Pomeranzen schmeckte, in der Nachbarschaft bekannt.
- Kleine Zwischenfrage: Habt ihr eine Ahnung, was Pomeranzen sind? (a) Bitterorangen (b) Bittermandeln (c) Hagebutten (die Lösung gibt es in Actionbound)
Das Glück schien den beiden hold zu sein, die Bäckerei entwickelte sich prächtig und schon bald wurde Emerentia schwanger. Ein Nachbar fragte sich jedoch, wie ein zugezogenes Paar so schnell so erfolgreich werden konnte und bezichtigte das Paar der Hexerei. Sein Vorwurf war, das Paar stelle Brot und Semmeln „vom schönsten Geschmacke“ her, was nur mit dem Teufel zugehen könne. Gürgen Crone kam daraufhin in den Folterkeller, wo er am 24. April 1618 starb. Seine Leiche wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Frau durfte noch ihr Kind austragen, wurde nach der Geburt allerdings ebenfalls gefoltert und wurde nur 3 Monate nach dem Tod ihres Mannes als Hexe bei lebendigem Leibe verbrannt.“ Frei erzählt nach der Chronik Tobias Seilers Und was ist die Moral von der Geschicht? Tja das ist eine gute Frage. Was aber auf der Hand liegt ist, dass das Denunziantentum und Neid die Hexenverfolgung damals eklatant befeuert haben. Und das war nicht nur im Fall von Emerentia Flöricke und Gürgen Cromer so. Ein bekanntes Beispiel der Bernauer Hexenverfolgung ist auch das der Familie Meermann. An dem Beispiel kann gut nachvollzogen werden, wie damals unter Folter neue mutmaßliche Hexen angeklagt wurden und was es bedeutete, Hexen als Vorfahren zu haben. Wenn ihr Lust habt, hierzu mehr zu lesen, schaut euch doch mal den umfangreichen Wikipedia Artikel zu Dorothea Meermann an. Wer die Geschichte der Meermanns noch etwas genauer wissen will, sollte sich hier umschauen.
Übrigens stehen wir grade direkt neben dem Henkerhaus. Könnt ihr euch vorstellen, wie es war, neben dem Haus zu leben? Wir uns auch nicht! Und die Menschen damals schienen auch nicht wirklich Lust darauf zu haben, neben dem Henker zu wohnen. Daher liegt das Henkerhaus auch eingebettet in die Bernauer Stadtmauer, abgelegen von den anderen Häusern.
- Findet die drei Galgenvögel auf dem Wegweiser am Henkerhaus. Um welche Vogelart handelt es sich? (*Hinweis: der Wegweiser befindet sich am ODER in unmittelbarer Nähe zu dem Henkerhaus)
Warum die Raben als Galgenvögel gelten fragt ihr euch? Raben fressen Aas und sind daher oft nicht weit von Tier- oder Menschenkadavern entfernt. Insofern wundert es nicht, dass die Raben auch bei gehenkten Menschen am Start waren und sich an deren Fleisch bedienten. Durch sein Erscheinen bei gehenkten Menschen bekam er schnell den Beinamen “Galgenvogel” verpasst. Der Rabe galt im Mittelalter unter anderem auch als Begleiter der Hexe. Kam ein Rabe einer Frau zu nahe, wurde diese daher schnell als Hexe verteufelt. Rabe, Elster und Katze wurden zudem gefürchtet, da sie als verwandelte Hexe galten.
Henkerhaus Öffnungszeiten: Am Henkerhaus, Telefon (0 333 8) 22 45 Di.-Fr. 9 - 12 und 13 - 17 Uhr, Sa. u. So. 10 - 13 und 14 - 17 Uhr, ganzjährig