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Vorderfront Deutsch-Russisches Museum
Deutsch-Russisches Museum © tic / Uwe Precht

Spannungsfeld Bruderstaat – Auf Spurensuche der Sowjetgeschichte in Berlin

Vom Sowjetischen Ehrenmal in der Schönholzer Heide führt die Tour über Schloss Schönhausen bis zum Deutsch-Russischen Museum in Karlshorst – alles Orte, die im Bündnis der ehemaligen DDR mit der Sowjetunion eine Rolle spielten.

Am 1. Mai 1945 hissten Soldaten der Roten Armee eine rote Flagge auf dem Berliner Reichstag, am 2. Mai kapitulierte die Hauptstadt des nationalsozialistischen Deutschlands. Von da an gehörten sowjetische Soldaten und Zivilisten für gut 50 Jahre zu Berlin. Zuerst repräsentierten sie eine von vier militärischen Besatzungsmächten, später dann die sogenannte „Schutzmacht“ für die im Oktober 1949 gegründete Deutsche Demokratische Republik. Viele der deutschen Kommunisten, die diesen ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden aufbauten, hatten die nationalsozialistische Verfolgung im sowjetischen Exil verbracht. Nun gestalteten sie die DDR-Gesellschaft nach dem Vorbild des „großen Bruders“ Sowjetunion und wurden dabei tatkräftig von der Besatzungsmacht unterstützt. Für die DDR-Bevölkerung blieb das Verhältnis zum offiziellen „Bruderstaat“ stets angespannt. Persönliche Kontakte waren von den Regierungen beider Staaten nicht erwünscht, die sowjetischen Soldaten, aber auch die Regierungsmitarbeiter und ihre Familien lebten abgeschottet von der DDR-Bevölkerung. Spätestens nach dem 17. Juni 1953, als sowjetische Truppen den Volksaufstand niederschlugen, hielten viele DDR-Bürger die Besatzungsmacht als verantwortlich für die Repressionen ihrer Regierung. Umso stärker war 1989 die Erleichterung, dass die Regierung Gorbatschow die Massenproteste eben nicht mit Militärgewalt stoppen ließ, sondern den Weg freimachte für die friedliche Revolution und die deutsche Wiedervereinigung.

Werbung mit den Flyern der drei Radtouren
Spurensuche in Berlin by bike © Tourismusverein Berlin-Pankow e.V.

Die Radtour „Spannungsfeld Bruderstaat“ verbindet sieben Orte sowjetischer Geschichte in Berlin und gibt Tipps zu weiteren Besichtigungszielen entlang der Strecke. Die gedruckten Radtourpläne auf Deutsch und Englisch können kostenfrei u.a. über das Tourist Information Center in der Kulturbrauerei im Sudhaus, Haus 2 (gegenüber vom Supermarkt), Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin bezogen werden.

Sowjetisches Ehrenmal in der Schönholzer Heide

Sowjetisches Ehrenmal in der Schönholzer Heide
Sowjetisches Ehrenmal in der Schönholzer Heide © tic / Stefanie Gronau

Das Ehrenmal liegt nur einen knappen Kilometer nördlich der S-Bahn-Station Schönholz. Schon vom Eingang aus fallen der Obelisk und die Hauptskulptur ins Auge. Sie zeigt die trauernde „Mutter Heimat“ mit ihrem von der Fahne des Sieges bedeckten gefallenen Sohn. Vor allem aber bestimmen Grabplatten dieses Ehrenmal: Sie erinnern an die über 13.000 Angehörigen der Roten Armee, die zwischen 1947 und 1949 hier auf einem 27.500 Quadratmeter großen Soldatenfriedhof bestattet wurden. Die meisten von ihnen konnten nie identifiziert werden. 2647 Namen sind verewigt auf 100 Tafeln in der Mauer, die das Ehrenmal umgibt. Gestorben waren die Soldaten, unter ihnen auch 120 Frauen, entweder im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland oder in dessen Kriegsgefangenlagern. Einige von den hier Bestatteten sind in jenem Zwangsarbeiterlager ums Leben gekommen, das während des Zweiten Weltkriegs im südlichen Teil der Schönholzer Heide bestand. Im November 1949 wurde das Ehrenmal eingeweiht, gestaltet nach Entwürfen des sowjetischen Bildhauers Iwan G. Perschudtschew sowie der Architektengruppe K. A. Solowjow, M. D. Belawenzew und W. D. Koroljow.

April bis September täglich 7–19 Uhr,
Oktober bis März täglich 8–16 Uhr

Adresse:

  • Germanenstraße 1713156 Berlin

Bus:

  • Haltestelle Ehrenmal Schönholz (Bus 155)

Schloss Schönhausen

Arbeitszimmer Wilhelm Piecks im Schloss Schönhausen
Arbeitszimmer Wilhelm Piecks im Schloss Schönhausen © tic / Carmen Hinojosa

Das im Zweiten Weltkrieg kaum beschädigte Barockschloss wurde im Sommer 1945 von der sowjetischen Militäradministration (SMAD) beschlagnahmt. Aus dem ehemaligen Café im südlichen Teil des Erdgeschosses wurde ein Offizierscasino, in einem anderen Teil entstanden eine Schule und ein Internat für die Kinder der in Berlin und Umgebung stationierten sowjetischen Offiziere. Das Schloss, im 18. Jahrhundert Hauptwohnsitz der Königin Elisabeth Christine von Preußen (Ehefrau Friedrichs des Großen), gefiel auch den neuen Herren. Schon im Jahr 1946 feierte der aus dem sowjetischen Exil zurückgekehrte KPD-Funktionär Wilhelm Pieck hier seinen siebzigsten Geburtstag. 1949 übergab der SMAD ihm, nun Präsident der neugegründeten DDR, das Schloss als offiziellen Amtssitz. Diese Funktion behielt es auch nach dem Tod Piecks 1960, als die DDR das Präsidialamt durch einen Staatsrat ersetzte. 1965 wurde Schloss Schönhausen zum Gästehaus der Regierung. Zu den hier beherbergten internationalen Staatsgästen zählten viele hochrangige sowjetische Amtsträger, unter anderem Leonid Breschnew, Michail Gorbatschow und Außenminister Eduard Schewardnadse. Letzterer war im Juni 1990 einer der Partner bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, die den Weg zur deutschen Wiedervereinigung ebneten. Die Dauerausstellung umfasst Einrichtungsgegenstände aus den Jahren der sozialistischen Repräsentation ebenso wie Originaltapeten von Königin Elisabeth und den ältesten erhaltenen Rokokosaal Berlins. 45 bis 60 Minuten mit Audioguide oder Führung

April bis Oktober Di–So 10–17.30 Uhr

Adresse:

  • Tschaikowskistraße 1, 13156 Berlin

Straßenbahn:

  • Tschaikowskistraße M1

Tipp:

Haus Tschaikowskistraße 13
Das Haus Tschaikowskistraße 13 wirkt wie ein ganz gewöhnliches Wohnhaus, doch eine Info-Tafel enthüllt, dass sich hinter der modernisierten Fassade 100 Jahre deutscher Geschichte verbergen: 1912 fertiggestellt als Altersheim für taubstumme Juden, 1938 Beschlagnahmung durch die Nationalsozialisten, 1940 Deportation der verbliebenen Frauen und Männer in Vernichtungslager. Nach Kriegsende Sitz der sowjetischen Botschaft, dann ab 1951 des „Außenpolitischer Nachrichtendienst“ genannten DDR-Geheimdienstes.

Adresse:

  • Tschaikowskistraße 13, 13156 Berlin

Straßenbahn:

  • Tschaikowskistraße (M1)

Schlosspark Schönhausen
Der zum Schloss gehörige Park wurde von Königin Elisabeth ursprünglich als Rokokogarten angelegt. Seine heutige Form als weitläufiger Landschaftspark im englischen Stil verdankt er dem berühmten Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné (1789–1866), der den Schlosspark 1828 bis 1831 umgestaltete.

Adresse:

  • Tschaikowskistraße 1, 13156 Berlin

Straßenbahn:

  • Tschaikowskistraße (M1)

Majakowskiring / Ausstellung in den Torhäusern Ossietzkystraße

Torhaus zum Schlosspark Schloss Schönhausen
Torhaus zum Schlosspark Schloss Schönhausen © tic / Uwe Precht

 Hinter dem südlichen Ausgang des Schlossparks liegt, am westlich von der Ossietzkystraße abgehenden Majakowskiring, ein ruhiges Wohnviertel mit komfortablen Einfamilienhäusern. Einen ähnlichen Charakter hatte die Gegend auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals hieß die ovale Ringstraße noch im einen Teil Viktoria- und im anderen Kronprinzenstraße und war Herzstück einer bei Künstlern und Unternehmern beliebten Vorortsiedlung. Am 9. August 1945 erklärte die Sowjetische Militäradministration das gesamte Wohnviertel zum Sperrgebiet und beschlagnahmte die Häuser, um sie hochrangigen Offizieren der Roten Armee als Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Ein bewachter Bretterzaun schirmte das „Grodok“ (Städtchen) genannte Militärgebiet ab. Neben den Offizieren wurden hier auch aus dem Exil zurückgekehrte KPD-Funktionäre untergebracht, und nach Gründung der DDR überließen die sowjetischen Militärs die Häuser vollständig der neuen Regierung. 1950 erhielt die Ringstraße den Namen des russischen Dichters Wladimir Majakowski (1893–1930). Der Holzzaun wurde durch eine Mauer ersetzt, hinter der in den 1950er Jahren beinahe die gesamte Staatsführung der DDR wohnte. Die Ausstellung „Die Pankower Machthaber“ dokumentiert die Geschichte dieses besonderen Wohngebiets durch zahlreiche Originaldokumente und historische Fotos.

täglich 10–18 Uhr
www.pankower-machthaber.de
Ausstellung und Website nur auf Deutsch verfügbar

Adresse:

  • Ossietzkystraße 44-45, 13187 Berlin

Straßenbahn:

  • Tschaikowskistraße M1

Tipp:

Schlosspark Schönhausen
Der zum Schloss gehörige Park wurde von Königin Elisabeth ursprünglich als Rokokogarten angelegt. Seine heutige Form als weitläufiger Landschaftspark im englischen Stil verdankt er dem berühmten Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné (1789–1866), der den Schlosspark 1828 bis 1831 umgestaltete.

Adresse:

  • Tschaikowskistraße 1, 13156 Berlin

Straßenbahn:

  • Tschaikowskistraße (M1)

Tipp:

Auf dem Weg zur Dauerausstellung "Prenzlauer Allee, Ecke Fröbelstraße", Fröbelstraße 17, 10405 Berlin

Garbátyplatz
Eine Metallskulptur des Künstlers Olaf Hannemann und eine Bodenplatte erinnern an den 1851 in Wilna geborenen Josef Garbáty-Rosenthal. Mit seiner in der Nähe gelegenen Zigarettenfabrik gehörte er von 1906 bis Ende der 1930er Jahre zu den größten und sozial engagiertesten Unternehmern in Pankow. 1938 wurde die Firma „arisiert“, d.h. im nationalsozialistischen Deutschland zum Verkauf gezwungen. Der größte Teil der jüdischen Familie emigrierte in die USA. Josef Garbáty-Rosenthal blieb in Pankow und starb 1939, zwei Tage nach seinem 88. Geburtstag.

Adresse:

  • Garbátyplatz, 13187 Berlin

S + U Bahn:

  • S + U-Bhf Pankow (S2, S8, U2)

Straßenbahn:

  • S + U-Bhf. Pankow (M1, 50)

Wohnstadt Carl Legien
Die Architekten Bruno Taut und Franz Hillinger konzipierten mit dieser Siedlung 1925 einen Gegenentwurf zu den dunklen Mietskasernen der Gründerzeit. Seit 2008 ist die Wohnstadt Carl Legien – benannt nach einem 1920 verstorbenen Gewerkschaftsführer und Sozialdemokraten – eine von sechs Berliner Siedlungen der Moderne, denen der Status des UNESCO-Weltkulturerbes zugesprochen wurde.

Adresse:

  • Erich-Weinert-Straße (zwischen den Kreuzungen Sültstraße und Gulbitzstraße), 10409 Berlin

S-Bahn:

  • S-Bhf Prenzlauer Allee (S8, S85, S41, S42)

Straßenbahn:

  • Erich-Weinert-Straße (M2)

Planetarium
1987 eröffnet, war das Planetarium einer der letzten Repräsentationsbauten der DDR. Nach einer umfangreichen Modernisierung gilt es seit 2016 als Europas modernstes Wissenschaftstheater, das neben 360-Grad-Programmen aus der Astronomie auch Hörspiel- und Musikveranstaltungen bietet.
www.planetarium.berlin/zeiss-grossplanetarium

Adresse:

  • Prenzlauer Allee 80, 10405 Berlin

S-Bahn:

  • S-Bhf Prenzlauer Allee (S8, S85, S41, S42)

Straßenbahn:

  • Fröbelstraße (M2)

Dauerausstellung "Prenzlauer Allee, Ecke Fröbelstraße"

Dauerausstellung "Prenzlauer, Ecke Fröbelstraße"
Dauerausstellung "Prenzlauer, Ecke Fröbelstraße" © tic / André Lange

Von 1945 bis 1950 nutzte die sowjetische Millitärkommandantur mehrere Gebäude auf dem heutigen Bezirksamtsareal. In Keller von Haus 3 richtete der Geheimdienst ein Gefängnis mit 30 Zellen ein, offiziell zur Internierung von deutschen Nationalsozialisten und Kriegsverbrechern. Historische Forschungen haben jedoch gezeigt, dass rund zwei Drittel der hier Inhaftierten vor allem Kritiker der sowjetischen Besatzungsmacht waren. Dazu zählten Gegner der Zwangsvereinigung der Parteien KPD und SPD ebenso wie Mitglieder kirchlicher Jugendgruppen mit Kontakten zu britischen Besatzungskräften. Ab 1950 übernahm das DDR-Ministerium für Staatssicherheit das Gefängnis, bis es 1956 geschlossen wurde. Heute ist das Gebäude ein Gedenkort, markiert durch ein umlaufendes Band aus schwarzem Acrylglas, das die Künstlerin Karla Sachse gestaltet hat. Es konfrontiert Betrachter mit Fragen wie: „wer schloss die eiserne Tür?“ „wie kalt war die Wand?“ Haus 3, wie auch alle anderen Gebäude des Areals, war ursprünglich als Hospital und Obdachlosenasyl errichtet worden, nach Plänen des Stadtbaurats Hermann Blankenstein. Die gesamte wechselvolle Geschichte von 1886 bis 1989 wird in der Dauerausstellung mit zahlreichen Fotos zum Leben erweckt.

täglich von 9 bis 18 Uhr
Dauerausstellung: Häuser 3 und 6, Außengelände

Adresse:

  • Fröbelstraße 17, 10405 Berlin

S-Bahn:

  • S-Bhf Prenzlauer Allee (S8, S85, S41, S42)

Straßenbahn:

  • Fröbelstraße (M2)

Thälmann-Denkmal

Ernst Thälmann Denkmal
Ernst Thälmann Denkmal © tic / Andreas Schmidt

Der Schöpfer des monumentalen Denkmals, Lew Kerbel (1917–2003), gehörte zu den höchstdekorierten Künstlern der Sowjetunion. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beauftragte ihn die Rote Armee mit Arbeiten, die an den opferreichen Weg der 1. Weißrussischen Front zur Befreiung Berlins Anfang 1945 erinnern: Der Obelisk von Kostrzyn (Küstrin) an der Oder (im November 2008 demontiert), das Denkmal zur Schlacht um die Seelower Höhen in Brandenburg und das Sowjetische Ehrenmal im Berliner Tiergarten. Ernst Thälmann (1886-1944), dem hier gedacht wird, stammte aus Hamburg, war ursprünglich Hafen- und Transportarbeiter und wurde 1925 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) sowie der Wehrorganisation Roter Frontkämpferbund (RFB). Deren Mitglieder grüßten sich mit der in der Skulptur verewigten erhobenen geballten Faust und mit der Parole „Rot Front“. Nach dem Verbot der KPD im Jahr 1933 wurde der Reichstagsabgeordnete elf Jahre lang inhaftiert und 1944 im KZ Buchenwald ermordet.

Das 50 Tonnen schwere Denkmal, auf einem Sockel aus ukrainischem Granit errichtet, hatte die SED-Parteiführung aus Anlass von Thälmanns hundertstem Geburtstag in Auftrag gegeben. Für die Skulptur wurde so viel Bronze benötigt, wie die DDR in einem Jahr produzierte. Nach der Wende gab es immer wieder Forderungen nach einem Abriss des Denkmals und einer zeitgemäßen Würdigung Thälmanns, die allerdings aus Kostengründen nicht umgesetzt wurden. Seit 1995 steht die von Lew Kerbel geschaffene Skulptur unter Denkmalschutz. Die Wohnanlage hinter dem Denkmal entstand zwischen 1983 und 1986 und galt mit ihren 1300 Wohnungen, einer Schwimmhalle und Teichanlagen als Vorzeigeprojekt sozialistischen Wohnungsbaus. Zuvor stand auf dem Gelände seit 1874 die IV. Berliner Gasanstalt.

Adresse:

  • Greifswalder Straße 52, 10405 Berlin

S-Bahn:

  • S-Bhf Greifswalder Straße (S8, S85, S41, S42)

Straßenbahn:

  • Greifswalder Straße/Danziger Straße (M4,M10)

Prachtboulevard im sowjetischen Stil

Eingang außen Cafe Sibylle
Cafe Sibylle © tic / Uwe Precht

Gebäude im neoklassizistisch-stalinistischen Stil prägen die Karl-Marx-Allee vom Strausberger Platz bis zum knapp zwei Kilometer östlich gelegenen Frankfurter Tor. Es handelt sich um bis zu 300 Meter lange Baublöcke, die durch vor- und rückspringende Bauteile sowie unterschiedliche Geschosszahlen aufgelockert sind. Die Fassaden sind teilweise mit Keramikplatten verkleidet. Ein Luftangriff im Februar 1945 hatte die vorherige Bebauung in Schutt und Asche gelegt, nach Kriegsende sollte ein neues Wohngebiet entstehen. Über dessen Gestaltung allerdings herrschte zunächst Uneinigkeit: Erste Pläne sahen eine eher ländliche Bebauung mit Einfamilienhäusern, Gärten und kleinen Arbeitersiedlungen vor. Hans Scharoun, der noch von der sowjetischen Besatzungsmacht als Stadtbaurat eingesetzt wurde, realisierte 1949 zwei Laubenganghäuser im Stil des Neuen Bauens (Karl-Marx-Allee 102/104 und 126/128). Mit Staatsgründung der DDR 1949 erhielt die Straße den Namen von Josef Stalin, Generalsekretär der KPdSU (Kommunistische Partei der Sowjetunion). Entsprechend prächtig und herrschaftlich wünschte die Regierung nun die bauliche Gestaltung. Im Rahmen des 1951 verkündeten „Nationalen Aufbauprogramms“ beschloss sie die Verbreiterung der Straße auf 90 Meter und eine sieben- bis neungeschossige Bebauung. 70 Prozent der verwendeten Materialien stammten aus Trümmern, die von Freiwilligen gesammelt und sortiert wurden. Insgesamt beteiligten sich Bürgerinnen und Bürger mit 4 Millionen Arbeitsstunden an der Bebauung, im Gegenzug wurden sie bei der Vergabe der Wohnungen bevorzugt: Mit Fernwärme-Heizung, Müllschluckern und Fahrstühlen ausgestattet, hatten sie für damalige Verhältnisse einen außerordentlich hohen Standard. Die ersten 1148 bezugsfertigen Wohnungen wurden an Stalins Geburtstag 1952 feierlich an die Mieter übergeben. Schon im Jahr zuvor hatte man ihm zu Ehren zwischen Andreasund Koppenstraße eine Bronzestatue errichtet. Nach dem Ende der Stalinära wurde dieses sowjetische Geschenk allerdings über Nacht entfernt und wieder eingeschmolzen. Info-Stationen an mehreren Stellen der Allee informieren ausführlich über die Geschichte dieser außergewöhnlichen Prachtstraße.

Adresse:

  • Karl-Marx_Allee (zwischen Straußberger Platz und Frankfurter Tor), 10243 Berlin

U-Bahn:

  • U-Bhf Straußberger Platz, Weberwiese, Frankfurter Tor (U5)

Tipp:

Auf dem Weg vom Stadtbezirk Friedrichshain, der ehemaligen Stalinallee, nach Karlshorst zum Deutsch-Russischen Museum. Auch die etwas weiteren Abstecher lohnen.

Café Sibylle
Ausführliche Informationen über die Geschichte der Stalinallee – auch des später fertig gestellten zweiten Bauabschnitts, der westlich vom Straußberger Platz bis zum Alexanderplatz führt – finden sich in der Dauerausstellung im Café Sibylle.

Adresse:

  • Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin

U-Bahn:

  • U-Bhf Strausberger Platz (U5)

Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie.
In diesem Gebäudekomplex war bis 1990 das DDR-Ministerium für Staatsicherheit (Stasi) untergebracht. Heute haben hier verschiedene Institutionen ihren Sitz, die sich mit der Erforschung staatlicher Bespitzelung und Repression sowie dem Widerstand dagegen beschäftigen. So betreut die Robert-Havemann-Stiftung die Ausstellung „Revolution und Mauerfall“, die mit Audioguide auf dem Hof besichtigt werden kann. In Haus 1 wird die Arbeitsweise der Staatssicherheit beleuchtet, während die Ausstellung „Einblick ins Geheime“ Erkenntnisse aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv aufbereitet.
www.havemann-gesellschaft.de
www.stasimuseum.de
www.einblick-ins-geheime.de

Adresse:

  • Ruschestraße 103, 10365 Berlin

U-Bahn:

  • U-Bhf Magdalenenstraße (U5)

Gedenkort Rummelsburg
Die im Jahr 2015 eingeweihte Open-Air-Ausstellung befindet sich auf dem Gelände des Kaiserzeitlichen Arbeitshauses, dass in der DDR als Männergefängnis diente. Auf dem Rundgang lassen sich 18 Schicksale nachverfolgen. Die Biografien stellen Insassen der preußischen Erziehungsanstalt und vom NS-Regime als asozial Stigmatisierte oder aus rassischen Gründen Verfolgte vor. Auch in der DDR aus politischen Gründen Inhaftierte sind unter ihnen. Sowohl im Arbeitshaus als auch im Gefängnis waren die Insassen zu körperlich schwerer und gesundheitsschädigender Arbeit gezwungen. Zusätzliche Informationen können per App abgerufen werden.
www.gedenkort-rummelsburg.de/

Adresse:

  • Hauptstraße 8, 10317 Berlin

S-Bahn:

  • S-Bhf Rummelsburg (S3)

Tierpark Friedrichsfelde
Mit einer Fläche von 160 Hektar ist Friedrichsfelde der größte Tierpark Europas. Er wurde 1955 eröffnet. Zuvor befand sich hier ein von Peter Joseph Lenné gestaltetes Parkgelände und das 1685 erbaute Schloss Friedrichsfelde, das heute Teil des Tierparks ist.
www.tierpark-berlin.de/de

Adresse:

  • Am Tierpark 125, 10319 Berlin

U-Bahn:

  • U-Bhf Tierpark (U5)

Straßenbahn:

  • Tierpark (21, 27, 37, 67, M17)

Amalien-Orgel
In der Karlshorster Kirche „Zur frohen Botschaft“ steht die bedeutendste Barock-Orgel der Stadt. Sie wurde 1755 für die preußische Prinzessin Anna Amalia gebaut und stand ursprünglich im Balkonzimmer des Berliner Stadtschlosses. Es grenzt an ein Wunder, dass sie anschließend diverse Umzüge und zwei Weltkriege überstanden hat, und noch heute, fast ausschließlich aus Originalbauteilen bestehend, von Musikern aus aller Welt gespielt werden kann.
www.amalien-orgel.de/

Adresse:

  • Weseler Straße 6, 10318 Berlin

Straßenbahn:

  • Marksburgstraße (21,27,37,67, M17)

Geheimes Karlshorst und Deutsch-Russisches Museum

Panzer auf Sockel , Außenanlage des Deutsch-Russischen Museums
Deutsch-Russisches Museum © tic / Uwe Precht

Mit keinem anderen Ort ist die sowjetische Präsenz in Berlin so verbunden wie mit dem Ortsteil Karlshorst. Ende April 1945 nahmen Truppen der Roten Armee kampflos eine in der Zwieseler Straße gelegene deutsche Kasernenanlage ein. Gut eine Woche später wurde in dem dazugehörigen Offizierskasino die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet. Anschließend bezog der Chef der sowjetischen Militäradministration (SMAD) hier sein Quartier, weite Teile des umliegenden Stadtteils wurden zum Sperrgebiet, in dem Wachsoldaten, Offiziere und Verwaltungsmitarbeiter wohnten und arbeiteten. Auch wenn sich die Militärverwaltung offiziell mit Gründung der DDR auflöste, blieben viele ihrer Mitarbeiter nun mit ähnlichen Aufgaben in beratender Funktion vor Ort. Auch der sowjetische Geheimdienst residierte ab 1952 in dem Kasernengebäude, das ab 1963 durch eine Mauer mit einer unter Hochspannung stehenden Metallblende gesichert wurde und deren Überreste noch heute zu sehen sind. Das Offizierskasino wurde ab 1967 als „Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschlands im Großen Vaterländischen Krieg 1941–1945“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Als sowjetisches Militärmuseum diente es vor allem der politischen Erziehung der Soldaten und der Traditionspflege. Nach dem Abzug der dann russischen Truppen Anfang der 1990er Jahre beschlossen die Bundesrepublik und die Russische Föderation, das Museum gemeinsam in neuer Form weiterzuführen. Wichtige Erinnerungen an die sowjetischen Verdienste beim Sieg über den Nationalsozialismus wurden erhalten, so beispielsweise die Originaleinrichtung des Raums, in dem die Kapitulation unterschrieben wurde, oder das 1967 vom sowjetischen Künstler Michail Ananjew entworfene Diorama „Sturm auf den Reichstag“. Daneben beleuchtet die Dauerausstellung „Deutschland und die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg“ im Licht des heutigen Forschungsstandes den Vernichtungskrieg, den das damalige Deutschland gegen die Sowjetunion führte – aus Sicht beider Seiten. Ergänzende Sonderausstellungen widmen sich speziellen Themen, aktuell anlässlich des 75. Jahrestages der deutschen Kapitulation im Jahr 2020 unter dem Titel „Von Casablanca nach Karlshorst“, der Geschichte der Alliierten. Vom Museum aus erreichen Sie nach einem Kilometer die SBahn-Station Karlshorst.

Di–So, 10–18 Uhr
www.museum-karlshorst.de

Adresse:

  • Zwieseler Straße 4, 10318 Berlin

S-Bahn:

  • S-Bhf Karlshorst (S3, S5)

Straßenbahn:

  • S-Bhf Karlshorst (21, 27, 37, 67, M17)

Bus:

  • Museum Karlshorst (Bus 296)